ANTWORTEN AUF IHRE FRAGEN

Durchfall

Ab wann spricht man von Durchfall?

Durchfall zeichnet sich durch mehr als drei ungeformte oder wässrige Stühle pro Tag aus. Durch die erhöhte Wasserausfuhr liegt das Stuhlgewicht über 200 g pro Tag.

Akuter Durchfall

Akuter Durchfall kann im Rahmen einer Infektion wie der Reisediarrhö auftreten und mit Fieber oder Bauchkrämpfen begleitet sein. Der Abgang von Schleim oder Blut sowie ein großer Flüssigkeitsverlust mit der Gefahr der Austrocknung sind Zeichen einer schweren Infektion, weshalb der Arzt kontaktiert und eine Stuhluntersuchung auf Erreger durchgeführt werden sollte. Durchfälle während oder nach einer Antibiotikatherapie können Ausdruck einer Clostridien-Infektion sein und müssen antibiotisch behandelt werden.

Chronischer Durchfall

Chronische Durchfälle halten länger als zwei Wochen an und können Ausdruck eines Enddarm- oder Dickdarmkarzinoms als sogenannte paradoxe Diarrhö sein. In diesem Fall muss eine Darmspiegelung zur Klärung durchgeführt werden. Bei der Darmspiegelung sollten auch Schleimhautproben zum Nachweis oder Ausschluss einer gutartigen mikroskopischen Darmentzündung entnommen werden. Zur Prüfung entzündlicher Ursachen ist die Bestimmung von Calprotectin im Stuhl sinnvoll. Auch an die Möglichkeit einer chologenen Diarrhö oder von infektiösen Ursachen sollte gedacht werden.

Chronischer Durchfall und Beckenbodenstörungen

Häufig werden chronische Durchfälle durch Funktionsstörungen des Beckenbodens mit Beteiligung von Enddarm und Schließmuskel bedingt. Die Patienten entwickeln durch Bindegewebsschwäche, häufig nach Geburten, eine Beckenbodensenkung mit Ausbildung eines inneren Darmvorfalls zum Schließmuskel (anorektaler Prolaps) und Stuhlentleerungsstörungen. Die Patienten sind nicht in der Lage, den Enddarm in einer Portion zu entleeren, und müssen über einen Zeitraum von einigen Stunden mehrmals auf die Toilette, um kleine Stuhlportionen, häufig mit dem Gefühl der unvollständigen Entleerung, abzusetzen. Die Patienten empfinden dies aufgrund des häufigeren Stuhlgangs und der verminderten Stuhlkonsistenz des im Enddarm verbleibenden Stuhls als Durchfall, obwohl es sich um eine Stuhlentleerungsstörung handelt. Bei gleichzeitig vorkommender Schließmuskelschwäche kann es auch zur Stuhlinkontinenz kommen.

Nach einer Beckenbodendiagnostik kann durch Verbesserung der Stuhlkonsistenz, lokalen Entleerungshilfen und Beckenbodentraining in der Regel eine effektive Therapie angeboten werden.

Chronischer Durchfall bei Nahrungsunverträglichkeiten

Nahrungsunverträglichkeiten können zur Verminderung der Stuhlkonsistenz führen. Vor Beginn der Diagnostik sollte ein Ernährungstagebuch geführt werden, um die Nahrungsbestandteile zu identifizieren, die zur Unverträglichkeit führen.

Typische nicht-immunologisch vermittelte Nahrungsunverträglichkeiten sind die Milchzucker-, Fruchtzucker- und Sorbitunverträglichkeit sowie die bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO), die durch Wasserstoffatemtests festgestellt werden können.

Immunologisch vermittelte Nahrungsunverträglichkeiten sind die glutensensitive Enteropathie (Sprue), die immer ausgeschlossen werden sollte, sowie Unverträglichkeiten gegenüber Weizen, Gluten, Milcheiweiß, Ei, Meeresfrüchten und Soja. Diese Unverträglichkeiten sind in der Praxis und Klinik schwierig zu objektivieren, da Haut- und Blutuntersuchungen auf Nahrungsallergene für den Magen-Darm-Trakt nur eine eingeschränkte Aussagekraft haben. Hier kann die endoskopische Laserendomikroskopie mit Nachweis einer nahrungsallergeninduzierten lokalen Schleimhautreaktion im Zwölffingerdarm hilfreich sein.

Die Interpretation von Nahrungsunverträglichkeiten kann herausfordernd sein. So ist die Bedeutung von Mastzellen im Rahmen eines Mastzellaktivierungssyndroms (MCAS) oder eines Histaminintoleranzsyndroms häufig unklar.

 

 

 

Prof. Dr. Thomas Frieling

Internist, Gastroenterologe, Neurogastroenterologe und Palliativmediziner